Die Geschichte vom Elefantentreffen

Das Elefantentreffen ist wohl eines der, wenn nicht das älteste und traditionsreichste Motorradtreffen Deutschlands.

In seiner bewegten Geschichte gab es Zeiten in denen es mit ca. 35.000 Besuchern sogar das größte Motorradtreffen Europas war.

Es wird auch kein Treffen geben, das einmal soviel Schrecken und Angst unter der Bevölkerung verursacht hat wie das Elefantentreffen, das wegen Ausschreitungen mit tödlichem Ende in Deutschland einmal verboten war und in heutiger Zeit aber als ruhigste Großveranstaltung Deutschlands zählt.

Auch wenn die einschlägige Fachpresse sowie auch der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) die Anfänge des Treffens auf das Jahr 1956 datieren, so begann die Geschichte des Treffens tatsächlich schon drei Jahre früher, in 1953.

Es war eine Zeit zu der Autos deutlich mehr gefragt waren als Motorräder, welche folglich immer weniger das allgemeine Straßenbild prägten. Im Winter gab es fast gar keine Motorräder mehr zu sehen.

So kam es, daß einer der wenigen verbliebenen Winterfahrer aus dem Stuttgarter Raum wissen wollte ob es denn überhaupt noch andere wetterfeste Gesinnungsgenossen gab, welche zu dem auch noch ein Motorrad der gleichen Marke fuhren wie er selber. Um dieses heraus zufinden, lud er per Zeitungsannouncen alle Fahrer der legendären Zündapp KS 601 zu einem Treffen im Winter in seinem Garten ein.

Prompt kamen ein paar wenige Artgenossen, drei bis fünf, mehr waren es nicht. Man hatte Spaß und fühlte sich wohl, so daß vereinbart wurde sich im nächsten Jahr zu gleicher Zeit wieder zu treffen. Da jeder natürlich weitere Motorradfreunde kannte und man sich auch darauf verständigte andere Marken zu dulden, setzte ein Schneeballeffekt ein, der das Treffen für den Garten zu groß werden ließ.

1956 mußte ein anderer Platz her, die Solitude bei Stuttgart. Somit fand das Treffen nicht mehr auf einem privaten Gelände statt und wurde eine größere Veranstaltung die natürlich einen Namen brauchte, welcher aus der ursprünglichen Idee eines Marken bezogenen Treffens hergeleitet wurde.

Die Zündapp KS 601 besaß für damalige Zeiten einen äußerst drehmomentstarken Motor. Das Motorrad konnte in zwei Farben gekauft werden, in schwarz oder olivgrün. Letztere war die beliebtere und so wurde die KS 601 im Volksmund auch der grüne Elefant genannt. Der Name Elefantentreffen lag also nahe.

In den Jahren darauf wuchs das Elefantentreffen zu einer Größe, die von ein paar Mann organisatorisch nicht mehr bewältigt werden konnte. Der BVDM sprang helfend ein. Der Verband übernahm die Veranstatung und sorgte für das Fortbestehen des inzwischen weit über Deutschland hinaus bekannten Motorradtreffens.

Bald wurde auch die Solitude zu klein und mit einer anderen vorherigen Zwischenstation wurde das Elefantentreffen ab 1968 auf dem Nürburgring in der Eifel ausgerichtet. Die Nähe zu den Ballungszentren des Ruhrgebiets brachte Jahr für Jahr noch mehr Besucher und Teilnehmer.

Im Jahr 1977 waren es ca. 35.000, welche überall in den Wäldern der Rennstrecke ihre Zelte aufschlugen und friedlich zur Gitarre singend an ihren Lagerfeuern saßen und Benzin quatschten. Die meisten der Zwei- und Dreiradpiloten haben nie wirklich mitbekommen, welches Schicksal das Elefantentreffen in diesem Jahr am Haupteingang der Rennstrecke in der Nähe des damaligen Sporthotels erleiden sollte.

Hier im Eingangsbereich gab es Verkaufsstände, eine Art Promenierzeile im Fahrerlager und ein Festzelt.Kombiniert mit einer etwas wilderen Lebensart der 70’ziger Jahre und mit überschwenglichem Alkohol wurde hier ausgelassen gefeiert. Einige Spezies mußten sich übermäßig produzieren. Es wurde mit Motorädern ins Zelt gefahren, es kam zu Unruhen, welche von den normalen Ordnern des Veranstalters nicht mehr gebändigt werden konnten. Die Polizei schritt ein.

Einem Polizisten wurde im Gemenge die Schußwaffe aus dem Halfter geklaut und die Waffe dann abgefeuert. – In die Luft!
Die Kugel traf das Zeltgestänge, von wo sie abprallte und zurück in die Menge querschlug. Ein Teilnehmer wurde hierbei tödlich getroffen.

DAS AUS DES ELEFANTENTREFFENS IN DEUTSCHLAND!!!
Das Elefantentreffen wurde behördlich verboten.

Der BVDM wollte aber die an sich ja friedliche Veranstaltung nicht sterben lassen und bemühte sich um einen anderen Veranstaltungsort im nahe gelegenen Ausland. Man kam auf den Salzburgring in Östereich. Der Platz war groß genug für das Elefantentreffen und zu dem weit weg vom Ballungsraum Ruhrgebiet.

Die Salzburger Behörden wußten natürlich von dem deutschen Veranstaltungsverbot und gaben 1978 keine offizielle Genehmigung für die Abhaltung des Elefantentreffens. Sie schritten aber auch nicht ein als die Elefantreiber aus aller Herren Länder trotzdem anreisten. Man beobachtete das Geschehen und kam dann zu dem Schluß für 1979 eine Genehmigung zu erteilen.

Das Elefantentreffen hatte ein neues Zuhause wo es weiterhin von Jahr zu Jahr nun friedlich und erfolgreich vom BVDM verantaltet stattfand. Dennoch schlich sich über die Jahre eine neue Bedrohung des Treffens ein. Die Gefahr nistete sich innerhalb des BVDM ein und soll an dieser Stelle nicht weiter beschrieben werden. Das Resultat war jedoch der Beschluß der BVDM Jahreshauptversammlung Anfang Oktober 1987 in Kiel, das Elefantentreffen aus finanziellen Gründen nicht weiter zu veranstalten.

Diese Jahreshauptversammlung in Kiel war der Zeitpunkt an dem mein Motorradkollege Karl-Heinz Preß und ich selber entscheidend ins Spiel kamen.Unmittelbar nach der Beschlußfassung des BVDM das Elefantentreffen sterben zu lassen und zum bereits zuvor angekündigten Termin für 1988 lediglich ein paar Mann an den Salzburgring zu entsenden um Flugblätter mit Informationen über die nächstgelegenen Tankstellen an jene Motorradfahrer zu verteilen, die die Absage eventuell nicht mitbekommen haben sollten und daher trotzdem anreisen könnten, stand ich auf und verkündete, daß ich die Veranstaltung mit der noch zugründenden Interessengemeinschaft Rettet das Elefantentreffen am Salzburgring (IGRES) durchführen werde. Das Gelächter war groß!!!

Nun denn, noch im selben Monat wurde auf dem Rodderbergtreffen in der Nähe von Bonn die IGRES formell gegründet und sollte ursprünglich noch vor dem Elefantentreffen 1988 als gemeinnütziger Verein eingetragen werden. Es galt aber auch parallel dazu innerhalb von 3 ½ Monaten das Elefantentreffen auf die Beine zu stellen, und dieses hatte schlichtweg die höhere Priorität.

Die rechtzeitige Vereinseintragung gelang uns nicht.Dieses führte dazu, daß nun fast alle IGRES-Mitglieder wieder absprangen aus Angst vor einer möglichen Haftung falls das Elefantentreffen schiefgehen sollte. Das Abspringen der Leute bezog sich allerdings nur auf die IGRES-Mitgliedschaft. Die meisten waren weiterhin bereit als freiwillige Helfer auf dem Treffen mit zu helfen und haben dieses auch getan.

Als Verantwortliche verblieben nur Karl-Heinz und ich. Wir mußten um die Genehmigung zum Treffen zu erhalten eine Bankbürgschaft in Höhe von 40.000,-- DM abgeben. Karl-Heinz warf seine geamte Fahrschule in die Waage und ich mein Motorrad und was ich sonst noch an Werten hatte. Wir schafften es! Die Genehmigung wurde gegeben. Es wurde uns aber auch klar gemacht, daß wir nach dem Treffen Östereich nur dann verlassen könnten, wenn sämtliche Rechnungen hinsichtlich des von uns durchgeführten Elefantentreffens beglichen seien. Man würde hier sehr darauf achten, da der BVDM noch offene Rechnungen in beträchtlicher Höhe aus den Jahren zuvor habe.

Diese Situation veranlasste uns aus einem Schutzdenken heraus unser Treffen nicht Elefantentreffen zu nennen, sondern IGRES-Wintertreffen. Der Name Elefantentreffen und das es sich um genau dieses handelt ging für jeden Motorradfahrer aus dem “E” in IGRES hervor.

Letztlich fand das Treffen als nahtlose Fortsetzung des Elefantentreffens vor den Toren des Salzburgrings statt. Es war ein super Treffen, nicht was die Anzahl von nur 1800 Teilnehmenrn angeht, aber hinsichtlich der Atmosphäre und des Wetters. Es schneite an dem Wochenende soviel, daß Freitags abgestellte Motorräder Samstag nachmittags fast nicht mehr zu finden waren.

Am Montag nach dem Treffen latschten Karl-Heinz und ich mit einer Tasche voll Bargeld, den Einnahmen vom Elefantentreffen, quer durch Salzburg und bezahlten alle Rechnungen. Es blieben sogar noch ein paar Groschen übrig, die ausreichten um jeden von uns zweien ein Bier zu kaufen. So haben wir dann auch diesen Überschuß genüßlich veruntreut, mit dem Wissen im nächsten Jahr wieder zu kommen um das Treffen zu machen.

Während des 88’ziger Treffens war natürlich auch der BVDM-Vorstand angereist um zu beobachten, was wir denn da so treiben. Wir waren trotz des Gelächters auf der Kieler Jahreshauptversammlung zu einer ernst zu nehmenden Größe geworden. – Und zu einer ärgerlichen!!!

Daß zwei unbedeutende Motorradfahrer wie Karl-Heinz und ich es geschafft hatten das große, traditionsreiche Elefantentreffen quasi in Eigenregie zu veranstalten und zu retten, war natürlich eine schallende Ohrfeige für den BVDM. Diese Schmach wollte der Verband nicht auf sich sitzen lassen.

Während des Treffens wollte der BVDM-Vorstand mit dem Salzburgring und den zuständigen Behörden die Organisation des nächsten, also des 1989’ziger Elefantentreffens besprechen und verhandeln. Als Antwort bekamen die Herren zu hören, daß dieses durchaus möglich sei, wenn der BVDM seine Rechnungen begleiche und das Treffen unter der praktischen Leitung von Karl-Heinz und mir stünde. Der BVDM wurde aufgefordert mit uns diesbezüglich in Kontakt zu treten. Während Karl-Heinz und ich dem offen gegenüber gestanden hätten, erschien dem BVDM diese Forderung als eine Unmöglichkeit. Wie hätte man sich auch mit uns Rebellen zusammen tun können???

So kam es dann, daß der BVDM sich nach einem anderen Platz umschauen mußte und es 1989 erstmals ein Elefantentreffen vom BVDM in Thurmannsbang Solla, sowie unsere Fortsetzung des originalen Treffens am Salzburgring gab.

Die einzige gegenseitige Absprache war die des Termins. Diese besagte, daß zwischen beiden Treffen wenigstens vier Wochen zeitlicher Abstand liegen sollten.

Nach dem 88’ziger Treffen wurde die IGRES als gemeinnütziger Verein unter meinem Vorsitz eingetragen. Wir hatten einen guten Mitgliederzulauf und ordentliche, demokratische Strukturen.

Während der Vorbereitungen des 90’ziger Treffens erfuhren wir jedoch einen herben und schmerzhaften Rückschlag.

Der Salzburgring hatte schon seit einigen Jahren Probleme mit Umweltschützern, welche sich politisch als Grüne etabliert hatten. Hintergrund waren Beschwerden von Anwohnern, welche in ca. 35 km Entfernung zur Rennstrecke wohnten und diese wegen der erheblichen Lärmbelästigung bei Veranstaltungen geschlossen haben wollten. Es war eine Farce sondergleichen, da die unmittelbaren Anwohner unbedingt den Ring zu halten versuchten.

Wie dem auch sei, im Laufe des Jahres 1989 waren die Grünen politisch stärker geworden und im Dezember 1989 konnte das Überleben des Salzburgringes nur dadurch gerettet werden, daß in Verhandlungen der Natur eine Winterpause zur Erholung der Sommerveranstaltungen wie z.b. dem Motorrad Grand Prix u. ä. zugestanden wurde. Die Salzburgring GmbH verpflichtete sich also im Winter keine Veranstaltungen am Salzburgring mehr zu zulassen. Also auch kein Elefantentreffen!

Jetzt brauchte die IGRES einen neuen Platz und hatte dann nur noch zwei Monate Zeit zur Vorbereitung, wenn überhaupt!

Zuvor, im September 1989, hatte ich im Auftrag der damals neuen Zeitschrift Motorrad Gespanne das erste Euro-Gespanntreffen auf dem Campingplatz Camping am Nürburgring organisiert. Es waren 500 Teilnehmer gekommen, alles war super gelaufen und hatte so zu einem sehr guten Verhältnis zwischen dem Platzinhaber Herrn Eberhard Fischer und mir geführt.

So kam es, daß ich vorschlug das Elefantentreffen zurück an den Nürburgring zu bringen. - Zurück an den Ort der schwärzesten Stunde des Elefantentreffens, an den Ort an dem es einst verboten worden war und Angst bei der anwohnenden Bevölkerung verbreitet hatte. Zurück in den Einzugsbereich des Ruhrgebietes mit all seinen Motorrad Clubs aller denkbaren Coleur.

Auch schlug ich vor, den Namen IGRES Wintertreffen abzulegen und das Treffen als das zu benennen, was es auch wirklich ist: Das alte, das originale, das in nahtloser Folge fortgesetzte Elefantentreffen.

Die IGRES stimmte begeistert zu. Herr Fischer, sich der Historie des Treffens bewußt, war deutlich weniger begeistert, stimmte aber ebenfalls zu. Somit war das heutige ALTE ELEFANTENTREFFEN am Nürburgring geboren und fand im Februar 1990 gegen den Willen der Nürburgring GmbH auf dem privaten Gelände des Campingplatzes Camping am Nürburgring statt.

In der Eifel hatte man Angst. Geschäfte und Lokale wurden vernagelt. Hundertschaften an Polizei in Bewegung gesetzt und Hundestaffeln zur Bewachung des Campingplatzzaunes herangeführt.

Es kamen 900 Motorradfahrer die sich friedlich verhielten und ziemlich belustigt waren über den Bewachungsaufwand. Alle zuvor verbreiteten Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet.

Dieses führte allerdings dann auch zu einem gewissen Leichtsinn in der Ordnermannschaft der IGRES, was durch Alkoholkonsum widerspiegelte. Als Folge der Diskussion wieviel Bier die Ordnermannschaft trinken darf, trat ich zuerst als Vorsitzender der IGRES zurück, und dann aus dem Verein aus.

Ich übernahm mit alleiniger, privater Haftung und Verantwortung das Alte Elefantentreffen ab dem Jahr 1992. Kurz danach bestätigte die Polizei das Treffen als ruhigste Großveranstaltung Deutschlands. Nach dem 2000’der Treffen wurde das Alte Elefantentreffen am Nürburgring an ein Team bewährter Ordner unter der Leitung von Ralf Petervari übergeben. Es wurde das E-Team genannt und ist, allerdings inzwischen mit anderer Besetzung, heute noch der Veranstalter.

Auf dem 2009’ner Treffen feierte das Alte Elefanten sein zwanzigstes Jubiläum seit der Rückkehr an den Nürburgring, wo keiner mehr diese Veranstaltung missen möchte.

Quelle: Henning ( Pelzmütze )